Was heißt »Gute Teilhabe am Arbeitsleben«?

Das gemeinsame Verständnis von Qualität der Teilhabe am Arbeitsleben bildet die Grundlage des WfbM-Benchmarkings der Teilhabe am Arbeitsleben im Werkstättenbereich. Diese Defintion wurde gemeinsam mit zahlreichen Vertretern von Werkstätten entwickelt und dann immer wieder neu reflektiert und weiterentwickelt. Grundlagen der Definition u.a.:

  • Gesetzliche Vorgaben zu Aufgaben und Mindeststandards in WfbM
  • Die UN-Behindertenrechtskonvention und ihre Umsetzung in Deutschland
  • Wissenschaftliche Literatur zu Guter Arbeit für Menschen mit Behinderungen
  • Leitbilder und Qualitätsmaßstäbe der an der Entwicklung beteiligten WfbM
  • Das persönliche Qualitätsverständnis der am Entwicklungsprozess beteiligten Fachkräfte aus den Werkstätten

Die eigentliche Qualitätsdefinition ist eher kurz gehalten. Sie wird ergänzt durch ausführlichere Erläuterungen, was unter einzelnen Qualitätskriterien zu verstehen ist.

»Qualität der Teilhabe am Arbeitsleben bedeutet die gemeinsame Vereinbarung und Umsetzung von personenzentrierten beruflichen und persönlichen Entwicklungszielen. Dies wird erreicht durch differenzierte Arbeits-, Bildungs- und Assistenzangebote sowie hohe Fachkompetenz des Personals. Mit der Teilhabe am Arbeitsleben wird Inklusion und dadurch Lebensqualität im größtmöglichen Umfang gefördert.«

Definition »Qualität der Teilhabe am Arbeitsleben«

Was verstehen wir darunter?

»Qualität der Teilhabe am Arbeitsleben bedeutet die gemeinsame Vereinbarung und Umsetzung von personenzentrierten beruflichen und persönlichen Entwicklungszielen. (…)«
  • Im Sinne partizipativer Entscheidungsfindung werden individuelle und bedarfsorientierte Entscheidungen zu bildungs-, arbeits- und berufsbezogenen Maßnahmen gemeinsam zwischen Mitarbeitern und Fachpersonal getroffen werden.
  • Die Qualität der persönlichen und beruflichen Entwicklung zeigt sich am Erhalt oder an der Erweiterung der Methoden-, Fach-, Sozial- und Selbstkompetenzen.
»(…) Dies wird erreicht durch differenzierte Bildungs-, Arbeits- und Assistenzangebote sowie hohe Fachkompetenz des Personals. (…)«
  • Differenzierte Bildungsangebote: Eine ausreichende Binnendifferenzierung beruflicher Bildung wird den individuellen Fähigkeiten und beruflichen Zielen der Mitarbeiter entsprechend umgesetzt und eine Orientierung an anerkannten Ausbildungsberufen durch entsprechende Qualifizierungsangebote und Kooperationen mit externen (Aus-)Bildungseinrichtungen angestrebt.
  • Berufliche Bildung wird dabei nicht nur als Angebot während der Berufsbildungsmaßnahme innerhalb der ersten beiden Jahre in der Werkstatt verstanden, sondern umfasst im Sinne der Förderung lebenslangen Lernens Bildungs- bzw. Qualifizierungsangebote für alle Mit-arbeiter der Werkstatt entsprechend der gemeinsam vereinbarten Entwicklungsziele.
  • Differenzierte Arbeitsangebote: Mitarbeiter können durch personenzentrierte Arbeitsgestaltung und ein möglichst breites Angebotsportfolio an Arbeitsplätzen innerhalb der Werkstatt, auf betriebsintegrierten Arbeitsplätzen – und bei geeigneten Mitarbeitern – durch Förderung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, am Arbeitsleben teilhaben.
  • Die Arbeitsangebote unterstützen eine möglichst gleichberechtigte Zusammenarbeit von Menschen mit und ohne Behinderung sowie den Erhalt bzw. die Förderung der psychischen und physischen Gesundheit, der Kompetenzen und der Leistungsfähigkeit (vgl. Kubek, 2012).
  • Differenzierte Assistenzangebote: Mitarbeiter werden durch individuelle Assistenz in ihrem Arbeitsalltag und – soweit möglich – in ihrer unabhängigen Lebensführung befähigt;
  • das heißt, Selbstbestimmung im Sinne des Empowerments von Mitarbeitern durch Aktivierung innerer Ressourcen und durch unterstützende äußerer Bedingungen (vgl. Erhardt & Grüber, 2013) zu fördern sowie die Kontrolle über das eigene Leben und eine autonome Gestaltung des Alltags zu ermöglichen.
  • Hohe Fachkompetenz: Unter Kompetenz des Personals verstehen wir den hohen Standard und die kontinuierliche Weiterentwicklung von Methoden-, Fach-, Sozial- und Selbstkompetenzen, um damit aktuellen Arbeitsanforderungen optimal begegnen zu können.
»(…) Mit der Teilhabe am Arbeitsleben wird Inklusion und dadurch Lebensqualität im größtmöglichen Umfang gefördert.«
  • Inklusion: Unter dem Beitrag der Werkstätten zu einer gelingenden Inklusion verstehen wir durch die Entwicklung von Strukturen und Praktiken und einer entsprechenden Kultur, Teilhabe, Mitwirkung, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung zu ermöglichen (vgl. Kammann, C. (2008)), sowie durch regionale Vernetzung Zugänge zu gesellschaftlicher Teilhabe zu schaffen und für Mitarbeiter nutzbar zu machen.
  • Die Zusammenarbeit mit Akteuren im Umfeld der Werkstätten ermöglicht es Mitarbeitern, wohnortnahe Arbeits-, Bildungs- oder andere Angebote wahrzunehmen.
  • Lebensqualität: Unter Lebensqualität verstehen wir in Anlehnung an Schäfers (2008) drei zentrale Lebensqualitätsdimensionen: »Subjektives Wohlbefinden«, »Selbstbestimmungsmöglichkeiten« und »Partizipation am gemeinschaftlichen Leben« 

Operationalisierung: Indikatoren zur Bewertung der Qualitätskriterien

Die in der Definition und ihrer Erläuterung formulierten Qualitätsziele werden im WfbM-Benchmarking mit Hilfe empirischer Erhebungen bewertet. Hierfür werden verschiedene Erhebungsmethoden und ein Mix unterschiedlicher Daten eingesetzt. Die Erhebung basiert auf drei Säulen:

  1. Die Kennzahlen liefern objektive Daten auf Ebene einzelner Mitarbeiter, Mitarbeitergruppen, einzelner Standorte oder der gesamten WfbM;
  2. Befragungen der Mitarbeiter mit Behinderung sowie des Fachpersonals ermöglichen die subjektive Bewertung von Qualitätsaspekten aus Sicht der Leistungsempfänger und Leistungserbringer;
  3. Checklisten zu verschiedenen Themen ergänzen Informationen auf struktureller Ebene oder zu spezifischen Themenkomplexen.

Alle Indikatoren wurden in Abstimmung mit Vertretern der teilnehmenden Werkstätten vereinbart und ihre genaue Messvorschrift entwickelt. Regelmäßig wird das Set an Indikatoren reflektiert und bei Bedarf ergänzt und modifiziert. Wann immer eine Werkstatt Änderungen, Streichungen oder Ergänzungen für sinnvoll erachtet, kann ein entsprechender Vorschlag an das Benchmarking-Team übermittelt werden. Der Ablauf ist dann so vorgesehen, dass die Eignung vom ITA geprüft, dann gfs. zunächst einem Kernteam von Werkstattvertretern, dann allen Werkstätten zur Diskussion gestellt wird, um neue Indikatoren dann nach Annahme genau auszuarbeiten und in einem Pretest zu erproben. Nach Einführung in die reguläre Messung – als neue Pflicherhebung für alle oder auch als freiwillige Erhebung – wird bei Bedarf in den ersten ein bis zwei Messjahren eine Überprüfung und gfs. Optimierung vorgenommen.